Lotte Mühlborn

                                                                                                              

Klingend Menschenwort Seite 2

Gehe hin und bitte ab!

Hast du ein Unrecht irgendwem getan,
ein rasches Wort, ein hartes ihm gesagt,
so krähts vielleicht des Nachbars alter Hahn
dir schon ins Ohr, wenn kaum der Morgen tagt.

Hörst auch des Vogels Lied im Mittagslicht:
Kurz ist der Tag und lang die dunkle Nacht!
Tu, was zu tun dir bleibt, und säume nicht,
leicht kommt die Katze, ehe mans gedacht!

Ruft nicht das Abendglöcklein dir im Wind:
Geh, bitte ab, des Andern Seele weint!
Du aber schweigst wie ein verstocktes Kind,
-und grämst dich doch und bist dir selber Feind.
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Götter- oder Höllenwerk?

Sprache, klingend Menschenwort,
aller Leid – und Frohgedanken Hort!
Schufen Götter dich, ihr Werk zu krönen,
Klang zu geben allem Guten, Schönen?

War es schadenfroher Geister Tat,
die das Wort uns schenkte? Schlimme Saat
war es oft, je nach des Sämanns Hand
und dem Boden, den der Same fand.

Leuchtend ging es auf wie pures Gold,
ist als Götterfunke fortgerollt,
blieb am Himmel stehen durch die Zeit
schön und tröstlich überm Erdenleid.

Und es war der Tränen graue Saat,
ging als Zwietracht auf und Treuverrat.
Höchste Seligkeit und tiefste Pein
schließen Menschenworte in sich ein.
Hatten Höll und Himmel sich verbunden
und im Widerspiel das Wort erfunden?
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Grauverhängter Tag

So wie ein Traum dich seltsam glücklich macht,
ein liebes Wort gleich einem Lichtlein steht
ob deinem Tag, wo leise mit dir geht
ein Klingen wie aus märchenhaftem Schacht,
so wachsen Tage auf, darin die Stunden
wie unheilgraue Schicksalsvögel ziehn,
wo Friede dir und Frohsinn mutlos fliehn
und wieder brennen lang vernarbte Wunden.

Das sind die Tage, wo man Freunde kränkt
an lieben Menschen kühl vorüber geht.
Vom Hauch des Weltenleides angeweht
fühlst du es tief: Mein Tag ist grau verhängt.
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Im Jugendparadies

Wenn still im Abendfrieden
der laute Tag verrinnt,
geht meine Seele wandern,
geht wandern mit dem Wind

In einem goldnen Lande,
das längst mein Fuß verließ,
da bleibt sie träumend weilen.
War dort das Paradies?

Hab einst darin gewohnet,
in jenem sel`gen Land.
Schlafwandelnd, will mir scheinen,
weil ich es nicht erkannt.

Nun geht die arme Seele
wohl suchen hin und her,
sie findet nur noch Gräber
in Efeu, sonst nichts mehr.
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Im leeren Nest

Sie flogen aus,
wir sind allein.
So leer das Haus
und war doch fast zu klein!

Sie gehen nach Brot
in Wald und Feld.
In Lust und Not
nun auf sich selbst gestellt.

Allvater du,
gib Tag und Nacht,
gib immerzu
auf meine Kinder acht.
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Im Lobgesang der Abendröte

mit dem Anfang:

Sieh die Eiche überm Wiesenbort
steht so stolz und hochgemut und kühn!
Siebzigmal war ihr das Laub verdorrt,
siebzigmal ward es wieder grün.

dann weiter wie oben.
veröffentlich Juni 1962
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Im Lobgesang der Morgenröte

Vor dem Wäldchen überm Wiesenbort
steht die Eiche, hochgereckt und kühn!
Hundertmal war ihr das Laub verdorrt
hundertmale ward sie wieder grün!

Dort am Stamm der alten Wettereiche
lehnt der junge Hirt in trauter Not.
Schickt sein Liedlein in die Abendneige,
in des Himmels buntgefärbtes Rot.

Und das Echo kommt zurück vom Hange,
fällt verträumt herab ins Wiesental,
wo das Bächlein froh im Wispergange
alle Blumen grüßt im grünen Saal.

Und im Lobgesang der Himmelsröte
hold und rein,
Treibt der Klang von einer Hirtenflöte…
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In des Tages Heimwehstunde

Wenn die Abendröte in der Runde
sacht verglüht
und des Tages blaue Heimwehstunde
still erblüht,
ahnst du, wie ein goldner Finger leise
dich berührt
und dich aus dem lauten Tageskreise
gütig führt.
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In meiner Heimat Tal beim Käuzchenruf

Eh die Nacht mir leis die Augen schließt
und ein Träumlein in den Schlummer gießt,
höre ich, wie`s draußen raunt und weht
und ein Silberlied im Bächlein geht.

Hab das Lied am Tage nicht gehört,
wo das Laute alles Leise stört.
Singst den Blumen du die Schlummerweise?
Singst du, Bächlein, dir auf deiner Reise?

Sinnend höre ich im Windeswehen
eines Weltenschöpfers Odem gehen;
wie der Regen niederfällt
und am Deich der Fisch im Wasser schnellt.

Alle Blumen, alle schliefen ein,
süß berauscht von ihrem Nektarwein.
Irgendwo im grünen Saale geigt
noch ein Wichtel. -
Träum ich - schon - vielleicht - - -?
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„Ist mir mein Leben geträumet“ (W. Busch)

Liegst du im Lande der Erinnerung,
du kleines Tal, daß ich dich nimmer finde?
Da war die Welt so schön und ich so jung,
tat all mein Tun mit frohgemutem Schwung
und sah den Schwalben zu im Sommerwinde.

Weiß nicht mehr, wann ich ging aus jenem Land.
Wies mir ein Gottgebot, den Weg zu wandern,
im Erdenstaub ein rollend Körnchen Sand?
Bin ich im Traum, aus dem ich nimmer fand,
und harre eines Rufes mit den andern?
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Kein Rad mehr geht im Bach -

Beim Vogel - klingenden Frühlingswald
in meiner Heimat lieblichstem Tal,
wo einst im Echo das Posthorn gehallt
und der Schneeball am Gitter die Blüten geballt,
fuhr ich heute vorüber in süßer Qual.

Ich grüßte das Haus und die Schwalben am Dach!
Doch Mutters Blumenkübel sind fort
und Vaters Bienen, Fach einst an Fach!
Kein Rad mehr geht im schäumenden Bach.
Vergissmeinnicht nur, die blühen noch dort.

Ein Sträußchen brach ich mir eilig am Rand -
auf der Straße hupte die fliehende Zeit -
Zwei Kiesel, zwei bunte lagen im Sand!
Zwei Kiesel aus meinem Kinderland
verwahrte ich wie ein teures Geschmeid.
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Kindheit

In der Heimat möcht als Kind ich wieder
singen meine frohen Heimatlieder!
Möcht in Bäumen wieder Hütten bauen
und in zarte Vogelstuben schauen.

Möcht in Wiesenblumen träumend liegen,
wieder mich auf schwankem Aste wiegen
bei des Mühlenwehres weißem Schäumen,
und in blaue Himmel einsam träumen!

Wo sich Wolkenschäfchen heimlich necken
mit Verwandeln, Schieben und Verstecken!
Möcht zum Hahnwald mit den andern
wieder in die süßen roten Beeren wandern.

Sank der Abend leise dann hernieder,
würden treue Mutterhände wieder
liebreich mich alsbald zur Ruhe bringen,
und im Tal die Hüteglöcklein klingen.

Und zum Stalle ziehn die satten Herden.
O du schönstes Glück auf dieser Erden,
unter Kindern, sorgenlos und klein
Kind noch unter frohen Kindern sein!
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Laß mich in den Regen lauschen

Noch ein wenig laß mich lauschen
auf der grauen Seide Rauschen,
die in weiten Lüften hängt.
Wie sie rieselt, wie sie knistert!
Wie es raunt und heimlich flüstert
und die Sinne traut umfängt!

Sieh des Regentuches Franzen,
wie sie durch die Tümpel tanzen,
wenn der Wind die Schwingen hebt!
Sitzt auf jenem Brunnensteine
nicht der grauen Nornen eine,
die am Schicksalstuche webt?

Schlägt sie in das frohe Heute
uns den dunklen Faden Leide,
den die graue Schwester spinnt?
Hörst du nicht, eintönig leise,
Haspelgang und Urweltweise?
Nicht die Zeit, wie sie verrinnt?
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Maienwonne

Es sprengte die Hülle
in strömender Fülle
das jungfrische Leben und rauschte hervor.
Das Grünen und Blühen,
das Duften und Glühen,
es jubelt ein Loblied zum Himmel empor.

Auch mir will es quellen
in klingenden Wellen,
in Worte sich kleiden, zu Liedern gesellt.
Und kann doch nicht finden
aus Tiefen und Gründen,
ein Jauchzen nur wird es: Wie schön ist die Welt!
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Mondnacht

Schimmernd auf den stillen Dächern
liegt des Mondes Silberschleier,
und des lauten Tages Leier
ist verstummt in den Gemächern.
In den Gassen, im Gefilde
atmet ein verträumtes Schweigen.
Alle stillen Wasser zeigen
Luna uns im Spiegelbilde.

Wie die Welt in Schönheit ruht!
Als ob jedes Leid versunken,
alles Rauhe still ertrunken
in der stummen Silberflut.
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Morgen - ?

Weißt Menschenherz du, welche Rose
dir morgen blüht?
Eine lichte, duftige, dornenlose?
Ob eine feuerrote dir glüht?

Ob dich beim Tagwerk ein Heckenröschen beglückt?
Im Ruhmestraum
dich eine stolze Teerose schmückt?
Wächst eine weiße dir am Trauerbaum?
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Mutter an der Wiege

Im Stübchen da geht eine Wiege,
die geht so leise und lind,
ein Kätzchen kann leiser nicht schnurren,
da wiegt eine Mutter ihr Kind.

Im Stübchen da lacht es und koset,
wie Vögelein zwitschern im Wind;
ein Stimmchen kräht fröhlich dazwischen,
da herzt eine Mutter ihr Kind.

Und wie sie ihm beut am Busen
die Labe, fällt warm und geschwind
eine Träne aufs flächserne Köpfchen.
Wirst du mich lieben, mein Kind?

Wirst du mich lieben und ehren,
wenn mein Leben langsam verrinnt
und du in den stark-frischen Jahren?
Eine Mutter küsst innig ihr Kind.
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Nach Jahren

Stundenglas, rinnt denn so schnell dein Sand?
Leben, eilst du also flüchtig fort?
Durch die Heimat ging ich- unerkannt,
wie ein Fremder geht an fremdem Ort.

Baum und Bächlein, Waldeshang und Wiesen
riefen mich vertraut und grüßend an.
Doch die Menschen sahen fremd und ließen
fremd mich gehn auf heimatlicher Bahn.
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Nachteulchen

Schweigend liegt der weite Bau,
matt erhellt nur Gang und Stufen.
Alles schläft, Kind, Mann und Frau,
nur ein Käuzchen hört man rufen.

Irgendwo aus dunklem Raum
ein gedämpftes Klingelzeichen.
Kam das Käuzchen aus dem Baum?
Hör`s durch Tür und Gänge streichen.

Neugier quält das Eulchen sehr.
Hört es eine Klingel gehen,
huscht`s auf leisen Schwingen her;
was da los ist, möchte es sehen.

Geistert wie ein Traum der Nacht
ruhelos umher im Hause.
Hat man wo ein Werk vollbracht,
sucht`s befriedigt seine Klause.

Doch wie kam das Eulchen hier
in den Bau frag ich betroffen.
Ach natürlich, Zimmer 4
stand mal wieder`s Fenster offen!

Drum, die ihr in Ferien seid
hier im Kurhaus, nur nicht klagen!
Laßt die Fenster zu allzeit,
und kein Eulchen wird euch plagen.

******************

Der lieben jungen Nachtschwester
Inge Fischer gewidmet. „Nachteule“
nennen die Schwestern unter sich im
Scherz die wachhabende Nachtschwester.
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Nächtliches Zwiegespräch

Mutter, was geht auf den Dielen mit knack?
Das ist der Wichtel mein Kind.
Den drückt der Sand wohl im Schultersack,
der ewig ins Dunkele rinnt.

Mutter, was rieselt im Balken, sag an?
Da knüpft ihre Fäden die Zeit.
Und hat sie den dunkelen Faden vertan,
so webt sie ihr Tageskleid.

Mutter, wo gehen die Tage hin?
Sie gehen ins ewige Meer.
Und wie die Wogen ins Weite ziehn,
so kehren die Tage nicht mehr.

Mutter, wo bleibt die Sonne zur Nacht?
Sie schläft im Bettlein von Gold.
Und wenn sie leise am Morgen erwacht,
haben Englein sie weitergerollt.

Dann reibt mein Büblein die Augen sich blank
und blinzelt ins Morgenrot….
Und ruft nach Brötchen und Morgentrank,
und sieht nicht am Himmel das Rosenboot.
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Ruft mich das Versäumte an?

Über meinen lang verklung`nen Tagen
hängt ein leiser Ton wie stilles Klagen.
Ruft mich das Versäumte heimlich an?
Klagt ein Gutes, das ich nicht getan?
Oder trauert mir ein liebes Wort
ungesprochen an verstecktem Ort?
Ach, zu spät! Vergangen Ruf und Klang,
wie das Echo einst am Waldeshang!
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Rungholt

Heute bin ich, Weltensegler nach tausend Jahren
heut bin ich über Rungholt gefahren!
Durch gläsernen Kiel am gleitenden Kahn
sah die versunkene Kindheit mich an.
Sie grüßte herauf aus verschütteten Tiefen,
und stumm gewordene Stimmen riefen.
Ich sah den Garten, die Giebel und Dächer
in goldenem Lichte, und durch die Gemächer
gingen die Eltern. - An meinen Nachen
schlug es wie silberne Perlen - das Lachen
spielfroher Kinder! Ein brauner Hund
umbellte die Stätte am gläsernen Grund.
Nahbei an der Halde in wiegendem Gang
der alte Hanjab die Sense schwang,
indes am Rande der schmalen Schlucht
ein kleines Mädel sich Erdbeeren sucht.
Der früchteglänzende Kirschbaum stand
noch immer beim Brunnen am Straßenrand,
als rote Versuchung für Kinderaugen.
(O süße Versuchung, du konntest uns taugen!)
Des Mittagsglöckleins bimmelnder Hall
stieg fröhlich empor, da drängte ein Schwall
der Schule entronnener Kinder hervor
in die goldene Freiheit aus engem Tor,
drunter ein Mädel mit wehendem Haaren - .
Heut bin ich über Rungholt gefahren.
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Schall du und Rauch!

Stumm rufen die Rätsel der Schöpfung
dir zu aus dem All:
Du erdgeborenes Menschlein,
Rauch bist du und Schall!

Kurz nur ins Helle gehoben,
ein flüchtiger Hauch,
flatterst du zwischen den Zeiten,
Schall nur und Rauch!

Da kommt es dir tröstlich beim Träumen
ins endlose All:
Auch was mich leidvoll bekümmert
ist Hauch nur und Hall!
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Schritt in der Nacht

Schlaflos lausche ich dem leisen
unverstandnen Sang der Nacht,
wie er fromm und ruhig macht
nach des Tages lauten Weisen.

Irgendwo im Dorfe nur
traumgeschreckt ein Kinderweinen.
Hin und wieder ruft in feinen
Lauten eine Kuckucksuhr.

Da- die stillen Häuserzeilen,
hallend auf des Pflasters Gang,
tappt ein schwerer Tritt entlang,
unbekümmert, ohne Weilen.
Und ich sinne: sonder Hasten
so an Menschenglück und –leid
geht vorbei der Schritt der Zeit,
fremd und stetig, ohne Rasten.
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Sei getrost!

Ist auch mal die Meinung gegen dich –
laß die klugen Menschen meinen!
Sieh, der Himmel, der im Grau verblich,
lässt auch seine Wolken weinen.

Und es bleibt dem Echten doch sein Wert,
unvergänglich wie dem Golde.
Halte rein und warm nur Haus und Herd,
mag dann kommen, was da wollte!
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Traumgewordnes Kinderland

Siehst du jene Kiefer einsam stehen,
wie sie in das Blau des Himmels ragt?
Dorthin liegt mein Kinderland und gehen
meine stillen Träume ungefragt.

Schwanden aus dem traumgewordnen Lande
auch die Lieben alle mir dahin,
trag ich’s mit mir doch gleich teurem Pfande
wie ein köstlich Bild in gold und grün.
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Traumwandeln

Ich bin im Traum gewandelt
auf meiner Heimat Flur.
Da ging das Mühlenglöcklein,
des Vaters nächt`ge Uhr.

Die Räder hört ich klappern,
und glucksend ging der Bach.
Ich hörte Sensenklingen
Und Schwalbenlaut am Dach.

Im Stalle sang die Grete
vom Königskind so bleich,
und frohe Kinder bauten
ein Mühlenrad am Deich.

Ich wollte selig rufen:
O Mutter, komm und schau!
Da wacht ich auf und wußte:
Alt war ich schon und grau.
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Über Rungholt gefahren

Mir war, ich sei in mondesheller Nacht
an meiner Heimat Haus vorbeigefahren.
Schlief ich und war vom Räderwerk erwacht
aus einem Traum von aberhundert Jahren?

Ich sah die zarten Wasserwellchen ziehen,
so grünlich hell vom Waldes- Widerschein.
Sah Mutters Blumengarten wieder blühen
und trank das traute Duften selig ein.

Ich hörte, wie der Pumpenschwengel ging
und wie das Wasser aus der Röhre sprang.
Sah, wie im Deich das Gitter sorglich hing,
und hörte, wie das Mühlenglöcklein klang.

Da stand der Himmel rot in Flammenschrift!
Bracht` er mir Grüße aus verwehter Zeit?
Er schreibt noch mit dem gleichen bunten Stift
die Runen an das Tor der Ewigkeit.

(2. Fassung 4. Strophe :
War ich seit hundert Jahren nicht erwacht?
War über Rungholt heut im Kahn gefahren?
War es in stiller dämmerdunkler Nacht,
als Mond und Sterne mir erloschen waren? )
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Vaters Lied

Froh unter Fröhlichen weilt` ich
in festlich geschmücktem Raum.
Ich lauschte der seligen Geige.
Da streifte mich selig ein Traum.

Das Lied, das der Vater mich lehrte-
Längst trugen sie ihn hinaus-:
„Im schönsten Wiesengrunde
stand meiner Heimat Haus…“

Und einsam im fröhlichen Kreise
war ich mit einemmal.
Durch Wände und nächtliche Räume
sah ich ein fernes Tal.

Da grüßten die Wälder und Hänge
sich über dem Mühlengrund.
Ich sah die Laube im Garten,
am Wehre das Erlenrund.

Das Bächlein hörte ich murmeln
und stürzen über das Rad.
Die Sensen hörte ich rauschen
im Grase zur duftigen Mahd.

„Dich mein stilles Tal,
grüß ich tausendmal!“!

Klang es im Herzen mir leise?
Sangens die anderen laut?
Noch lange am offenen Fenster
hab ich ins Dunkel geschaut.
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