Lotte Mühlborn

                                                                                                              

Ach, hätt ich ein` Wagen!

Ein Häuschen auf Rädern, zum Wandern gemacht,
und ein braunzottig Pferdchen hat der Josi gebracht.
Ein rotkariert Bettlein, zwei Löffel, einen Topf,
das hatte die Jul mit dem blauschwarzen Zopf.

Frischauf denn zur Fahrt in die blühende Welt!
Das Glück sitzt am Wege, wo`s Häuschen auch hält.
Das Feld ist ihr Garten, und Holz hat der Wald,
das Sieb zahlt der Bauer, viel Schirme sind alt.

Den Vögeln ist wahrlich das Futter nicht knapp!
Das Rößlein grast ruhsam die Wegränder ab
und tappt auch mal eben in` Bauern sein` Kleeder
Jule tuts und dem Josi nicht weh.

Ach hätt ich ein` Wagen wie Josi und Jul
Und weilte am Walde bei Drossel und Uhl,
dann wär ich so frei wie der Vogel im Hag,
tät nur, was ich wollte, den lieblangen Tag!
[TOP Seite 1]

Am Dornröschenschloß

Röslein, sag, was stachst du meine Hand,
als sie aus dem rauhen Dorn dich hob?
Ach, mir waren Dorn und Wiesenrand
und des Abendhimmels Rosenbrand
Heimatglück und aller Schönheit Lob!
Wenn im Buchenschlag die Amsel singt
und das Rehlein bei der Mutter steht,
wenn vom Tale her ein Glöckchen klingt
und die Nachtigall am Brünnlein trinkt,
ist der Abendfriede ein Gebet.
Röslein, ach was nahm dich meine Hand
aus dem wundersamen Rosenschloß!
Aus dem selig – grünen Gottesland,
wo der Himmel bei der Erde stand
und sein Rosenlicht ins Bächlein goß!
[TOP Seite 1]

Bei Amselsang und Abendröte

Vor der Laube still in meinem Garten
lausche ich der Amsel Flötenlied,
das voll Sehnsucht in den Abend zieht.
Ist da ein süßes Locken und Erwarten?

Reglos steht der Waldeshang und lauscht,
wie der schwarze Vogel seine Flöte
in den Flammensang der Abendröte
lieblich fügt und Grüße mit ihm tauscht.
Hoch der Himmel glüht im Rosenschein.
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Als in Grau verschwamm die Abendröte,
hing die Amsel schweigend ihre Flöte
einer Birke in den Silberschein.
[TOP Seite 1]

Bei einer Amsel Flötenlied

Friedesam auf meiner Bank im Garten
lausche ich der Amsel Flötenlied,
wie`s voll Sehnsucht in den Abend zieht.
Mag die Amsel ihres Liebsten warten?
Hoch der Himmel glüht in Rosenschein.
Als in Grau verschwamm die Abendröte
hing die Amsel schweigend ihre Flöte
einer Birke in den Silberschrein.
[TOP Seite 1]

Bei Finkens - Vogellieder

Finkenmütterchens Wiegenlied

Es schläft in der Runde
die gläserne Stunde.
Tireli, sit, sit.
Nur Bienen und Hummeln
sich träge noch tummeln.
Tirelireli, wit, wit.

Nun schlaft auch ihr Kindlein,
nur ein Viertelstündlein!
Tireli, sit, sit.
Die Läublein am Baume,
sie wispern im Traume:
Fein still! Tireli, wit, wit.

Es läuten und locken
die blumigen Glocken:
Klingelingeling, ding ding.
Und wollt ihr fein schweigen
dann hört ihr den Reigen.
Klingelingeling, bing bing.
[TOP Seite 1]

Beim Dornröschenschloß II

Röslein, warum stachst du meine Hand,
als sie aus dem rauhen Dorn dich hob?
Ach, mir waren Dorn und Wiesenrand
Und des Abendhimmels Rosenband
Heimatglück und aller Schönheit Lob!
Wenn im Buchenschlag die Amsel singt
und das Rehlein bei der Mutter steht,
wenn vom Tale her ein Glöckchen klingt
und die Nachtigall am Brünnchen trinkt,
ist der Abendfriede ein Gebet.
[TOP Seite 1]

Beim Lerchenlied

Warum trägst du deine Stufenlieder,
klingend Lerchlein, auf zum Himmelsrand?
Fällst danach ins Grün der Erde nieder
wie ein Bällchen Ton aus Formerhand?

Und wo ließest du die Liederkränze?
Hängst du sie an Sternenzacken auf -
Spielball für den Wind und seine Tänze
und der Wolken wanderfrohen Hauf?
Ach, ich singe fröhlich meine Weisen,
die der Himmel mir ins Blut gelegt!
Über Tal und Berge will ich preisen,
der das Nestchen mir im Grase hegt!

* * * * * *
2. Fassung; 2. und 3. Strophe anders

Ach, ich juble selig meine Weisen,
die ein Ewiger mir ins Blut gelegt!
Über alle Berge will ich preisen,
der das Nestchen mir im Grase hegt!

Selig blühts empor aus allen Grüften
in des Himmels warmen goldnen Schein.
Kleiner Vogel in den lauen Lüften,
lehre dankbar mich und fröhlich sein!
[TOP Seite 1]

Beim Lied der Amsel

Träumend auf den Bank in meinem Garten
lausche ich der Amsel Flötenlied,
das die Sehnsucht durch den Abend zieht.
Ists ein süßes Locken und Erwarten?

Hoch der Himmel glüht in Rosenschein.
- - - - - - -
Als in Grau verschwamm die Abendröte
hing die Amsel schweigend ihre Flöte
einer Birke in den Silberschrein.
[TOP Seite 1]

Blaues Märchenspiel

( Blaue Scilla)

War ein halbes Kind noch; lesend saß
ich versteckt im nahen Buchenhang.
Talherauf ein Sonntagsglöckchen klang,
näher hoppelte verspielt ein Has.

Dort- was schimmert blau im braunen Laub-?
Ist`s die Wunderblume, zauberhaft,
so dem Finder Glück und Ehre schafft
und das Gold ihm zeigt in Stein und Staub?

Ach, nur Scilla sind es, blau und schlicht!
Sind erwacht zu ihrer Zeit, und brav
blühen sie nach winterlangem Schlaf,
wissen um den holden Zauber nicht.

Doch im Laube kniet` ich hin alsbald,
und verlassen lag das kleine Buch.
Heimlich sagte ich den alten Spruch
von der Wunderblume tief im Wald.

Stand das Märchen, unerkannt und nah,
lächelnd bei dem Birkchen dort im Tann?
Blaue Scilla, waren wir im Bann,
als ich dich im Zauberkrönlein sah?

Wohl der blauen Blümlein fand ich viel.
Und sie blieben mir im Zeitengang,
eines Lenzes halbverwehter Klang,
einer blauen Stunde Märchenspiel.
[TOP Seite 1]

Blühende Kastanie

Mir ins Fenster leuchten wieder
Der Kastanie rote Kerzen.
Klingen ferne Jugendlieder-?
Lichterbaum, du machst mir Schmerzen.

Sprach mir einst ein lieber Mund:
„Soviel helle Kerzen
als da trägt des Baumes Rund
brennen mir im Herzen.

Soviel Lichter, lenzgeweckt,
hat in ros`gen Farben
deine Schönheit aufgesteckt.“
Blick und Worte warben.

Sei nicht töricht, meine Seele,
Kerzen brennen ihre Zeit,
und verlöschte Jugendkerzen
sind verstürmtes Jugendleid.
[TOP Seite 1]

Das junge Buchenblatt

Du seidenzartes Buchenblatt
Im lichten frühlingsjungen Wald
Auch du liegst einmal dürr und matt
Bei dürrem Laube- ach, wie bald.

Vor Zeiten kannte ich ein Kind,
so maienfroh und jung wie du;
ging bald im heißen Sommerwind
und durch des Herbstes müde Ruh.

Ach was, mein Blättchen, freue dich
der jungen wundersel`gen Zeit !
Und wenn der Wonnemond entwich -
zum Gilbhard ist der Weg noch weit!
[TOP Seite 1]

Das rote Deckelkrüglein

Die Rosenblätter sinken in den Sand.
Doch sieh, das Deckelkrüglein bleibt zurück
und reift den Samen für des Schöpfers Hand
und für ein ewig neues Rosenglück!

Und hat das Leben dir ein Lied erdacht -
leicht mags in einem Trauerklang verwehn!
Doch sank ein Glück dir in des Leidens Nacht -
Ein andres wird die anderswo erstehn!
[TOP Seite 1]

Das vorwitzige Zwergröschen

In meinem Gärtchen ist heut Nacht
- ich merkte es schon gestern -
ein kleines Röschen aufgewacht,
lang vor den großen Schwestern.

Zwergröschen du am niedern Strauch,
wirst du es nicht bereuen?
Weißt du denn nicht vom kalten Hauch
der Heiligen im Maien?

Wie ein mutwillig Zwergenkind
sprangst du aus deiner Klause,
wo alle noch im Bettchen sind
im grünen Blätterhause.

Ich rate dir, du Springinsfeld,
wenn hell die Sterne funkeln
birgs Köpfchen in dein Blätterzelt
und bleibe hübsch im Dunkel.

Und wenn die liebe Sonne warm
dich weckt mit Kuß und Kosen,
dann liege selig ihr im Arm.
Das ist für kleine Rosen.
[TOP Seite 1]

Der Blütenbaum

Ein Blütenbaum in frühlingsjungem Glanze,
von eigner Schönheit trunken und vom Glanze
der selig - weichen golddurchflirrten Lüfte,
entsandte lockend seine süßen Düfte.

Lud alle Näscher, die da summten, schwirrten,
als Gäste ein, sie köstlich zu bewirten.
Mit Nektartrank in abertausend Kelchen.
Da gabs ein Schwärmen denn, ein frohes Schwelgen,
ein schmeichelndes Umflattern und Umkosen!
Viel Schönes wußten ihrem Wirt die losen
Gästlein ins frohgeneigte Ohr zu sagen.
Der Baum, beseligt, sah den Maientagen
voll Stolz ins blütenfrische Angesicht:
Sehr nur, geht auch der Lenz, mich kümmerts nicht,
ich habe treue Freunde mir erworben!
Doch wie das feine Blütenkleid verdorben,
die Düfte fort und alle Becher leer,
da raunte durch die Stille um ihn her
der Spötter Wind nur: Tor, wer hieß dich bauen
auf Schmeichelworte, wer den Faltern trauen?
[TOP Seite 1]

Der Kuckuck

Wenn der Ringeltauber in der Eiche
bei dem Reisignest im Laubgezweige
seine Vaterfreude ruft ins Tal,
schaukeln ungezählte Vogelwiegen,
drin die zarten Vogelkinder liegen,
in der Wälder dämmergrünem Saal.

Vogelnester haben keine Läden.
Streuner Kuckuck sucht sich ungebeten
für sein Ei das Wochenstübchen aus.
Gott wird schon auch seine Kinder segnen,
Sonne leuchten lassen, Regen regnen.
Armer Kuckuck hat ja kein Zuhaus!

Kuckuck früh und spät muß Raupen fangen,
ist die Zeit zum Bauen schnell vergangen.
Nochmal übers Tal von Wald zu Wald
schleift er seine Kuckucksperlen- Kette,
macht sie fest im Holz und flieht die Stätte.
Kuckuck, lieber Strolch, kehr wieder bald!
[TOP Seite 1] ( 615)

Der Springquell in des Nachbars Garten

Hansen tat die Wasserfahne hissen:
Ließ den Brunnen springen, der so tief
in dem Kranz der schlafenden Narzissen
einen ganzen langen Winter schlief.

Zaungast auf der kleinen Bank im Grünen,
blick ich in das weiße Perlenspiel,
wie die Linien wirren und die kühnen
Bogenbrücklein schwankend stehn im Ziel.

Märchenschön vor dunklem Tannengrunde
weht der Silberbaum, ein Sterngedicht!
Senden Gnomen tief im Felsengrunde
ihre Sehnsuchtslieder auf ins Licht?

Oder werfen sie die Silberkrüglein
fröhlich neckend in die fremde Welt?
Sammeln ein in bergkristallnen Krüglein
wieder, was zurück zur Erde fällt?

Menschenhände, sagst du, schufen dieses?
Ei wie klug und wahr gedacht! Ich kehrte
aus der Schönheit eines Paradieses
wieder einmal auf die liebe Erde.
[TOP Seite 1]

Der trauernde Storch

Der Frühling ist wieder im deutschen Land!
So hatte Gottvater Kunde gesandt
nach Afrikas heißem Ufer.
Da richteten alle Vögel voll Freud
zur weiten Reise ihr Schwungfederkleid
und folgten dem heimlichen Rufer.

Ein Storchenpaar eilte den andern voraus
als wolle es heut noch das alt - liebe Haus
mit dem Nest überm Giebel erschauen.
Doch wehe, schon wartet im Wüstensand
der Pfeiltod aus gottloser Menschenhand
und trifft wie ein Wetter im Maien.

Aus weißem Gefieder rot rieselt der Saft -
die Störchin taumelt, und ohne Kraft
fällt sie nieder mit schwindenden Sinnen.
Und ratlos hält einen Tag, eine Nacht
der andere einsam in Totenwacht,
bis der Hunger ihn treibt von hinnen.

Und wie er dann kommt in die Heimat am Rhein
und das Reisignest findet im Abendschein,
da klagt er sein Leid in die Weite.
Die Kinder aber, die rufen : Hurra,
ihr Buben und Mädel, der Storch ist da!
Hört, wie er klappert vor Freude!

Doch droben, den Kopf unterm Flügel steht
der Storch, vom Abendwinde umweht -
er weiß um ein dunkles Geschehen.
Und wie im Osten der Morgen graut,
verlässt er die Heimat, still, ohne Laut.
Hat keiner ihn wieder gesehen.
[TOP Seite 1]

Der Winter ist aus!

Die grauen Mäuslein werden keck
und rufen laut „ Der Schnee ist weg!
Wir können wieder aus dem Loch!
Wie schön ists in der Sonne doch!“

Froh klingt der helle Hahnenschrei:
„Hallo, der Winter ist vorbei!
Ihr Hennen fangt das Legen an,
ich glaube, Ostern kommt heran!“

Ein Finklein frägt mit frohem Schlag:
„Ist das nun schon ein Sommertag?“
Und dort der Spatz verkündet laut:
„Ich such mir morgen eine Braut!“

Ein Stärlein auf des Daches Rand
das pfeift und flötet hell ins Land
und lockt dann zärtlich:“ Liebster Pitt,
ich suche Halme, gehst du mit?“
[TOP Seite 1]

Des Frühlings Herold

In Ängsten steht der knospende Wald,
vor Wodans Peitsche sich duckend.
Er biegt sich und bäumt sich, hält zuckend
die Wurzeln ins steinige Erdreich gekrallt.

Seiner Meute jappender jagender Schar
ruft der Sturmgott mit gellendem Pfiffe
und fährt mit schüttelndem Griffe
der Birke ins braune zerzauste Haar.

Der Eiche im Krähenneste liegt
mit wachem Lichtern der Marder,
talfahrtbereit, wenn ein harter
Sturmgriff die ächzenden Wipfel biegt.

Die Brombeerranke erschrocken greift
mit langen Armen ins Leere.
Dem Schlehdorn fällt Beere um Beere,
von Wodans flatterndem Mantel gestreift.

Sei fein geduldig, du zagender Wald
hörst du in Wodans Wettern
des Frühlings Fanfaren nicht schmettern?
Sein Herold kam dir in Sturmesgestalt.
[TOP Seite 1]

Ein Kuckuck rief

In mittagsträumendem Walde
auf moosigem Stein
hör ich das heimliche Klingen,
zeitlos und rein.

Ist es der Weltenharfe
urewiges Lied?
Die Flöte des Hirtengottes,
fern überm Ried?

Haben die Englein im Saale
die Lichtlein gezählt
und singen ein Gloria deum,
weil keines fehlt?

Singen die Chöre der Seelen?
Da ruft es im Hag!
An einem Kuckuck das gläserne
Schweigen zerbrach!
[TOP Seite 1]

Frostnacht im Lenz

Lautlos, wie der Tiger schleicht zur Nacht,
fiel der Reif in all die Frühlingspracht.
Und der Mond sah in gelaß`ner Ruh
mitleidlos dem weißen Sterben zu.
Keine Wolke kam und hing den warmen Flor
den bedrängten Blüten schützend vor,
die vertrauend in den lichten Schein
aufgeblickt, so jung und süß und rein.

Fiel das bräutlich schöne Frühlingsland,
– schuldig oder traumgebannt –
fiels für eine kurze Nacht aus Gottes Hand?
[TOP Seite 1]

Frühling

Du blühendes Leben
in lachender Sonne!
Du klingen und Weben
in jauchzender Wonne!
Gibt es ein Weh noch, ein leidvolles Gehn?

Es duldet mich nimmer
am häuslichen Herde!
Ich möchte dir immer,
du bräutliche Erde,
ins blühende, strahlende Antlitz sehn!
[TOP Seite 1]

Frühlingsfanfaren

(auch unter dem Titel " Der Winter ist aus")

Hört ihr den hellen Hahnenschrei:
„Hallo, der Winter ist vorbei!
Ihr Hennen fangt das Legen an,
ich glaube Ostern kommt heran!“
Ein Finklein frägt mit frohem Schlag:
„ Ist das nun schon ein Sommertag?“
Und dort der Spatz verkündet laut:
„Ich such mir morgen eine Braut!“
Ein Stärlein auf des Daches Rand,
es pfeift und flötet hell ins Land
und lockt dann zärtlich:“ Liebster Pitt,
ich suche Halme, gehst du mit?“
[TOP Seite 1]

Frühlingsträume

( Poesie und Prosa)

Ein Finklein jubiliert im Blütenbaum:
Wie schön, wie schön ist doch die Maienwelt!
Sein Finkenlieb hat sich hinzugesellt.
Es jubelt mit und piept dann wie im Traume
von einem Nestchen und von weichem Flaume…
Ein Mensch bleibt stehn und blickt ins Blütenzelt:
Wenn's gut geht, bringt er heuer wieder Geld.
Ein braver Baum, die frühe Eierpflaume!
[TOP Seite 1]

Für die Enkel

Heut, im Märzen, pflanzt` ich einen Baum.
Rote Kirschen wird er einmal tragen
und die Enkel werden in Behagen
ihrer süßen Reife sich erfreun.
Und sie werden nicht der Hände fragen,
die den Baum gepflanzt und lang schon ruhn;
Ahn und Ahne, die in mühevollem Tun
fels`gen Boden gruben und mit guter Erde
Korb um Korb des Bäumleins Wiege füllten,
daß ein wohlgefügter Baum es werde.
Soll er doch in sommerlichen Tagen
einmal schön - und reiche Früchte tragen
für die Enkel.
Liebevoll die Hand an glatter Rinde
fühl ich weh und süß die feinen Fäden,
die von mir zu fernen Enkeln gehn.
Aus dem Bäumchen hör ich’s flüsternd wehn:
Ewig im Gesetzbuch der Natur geschrieben
steht vom Weitersorgen und vom großen Lieben
und daß Enkel ernten, wo die Väter säten.
[TOP Seite 1]

Gefahr

Gestern war die Katze da.
Gott, welch heißer Schrecken,
als ich ihre Lichter sah,
grüner als die Hecken.

Hätt ich nicht so gut gebaut
in den dichten Dorn,
hätt sie sich mein Glück erklaut.
Sie verschwand im Korn.
[TOP Seite 1]

Genesung im Lenz

Ich saß in Decken und blickte
matt in den blühenden Schein.
Da sprang durchs geöffnete Fenster
lachend der Frühling herein.

Er bot Anemonen und Veilchen,
Kirschblüten und Primel mir dar.
Und Wogen von klingenden Düften
verstreute sein wehendes Haar.

Er spielte Schalmeien und Flöte
und sang mir ein zauberisch Lied
von der bräutlichen Erde im Maien
und wie sie in Wonne erglüht.

Still saß ich am Fenster und lauschte,
sah über Täler und Höh`n
und dachte: O Schöpfer der Welten,
wie ist deine Erde so schön!
[TOP Seite 1]


Weiter Seite 2 (Frühling)