Lotte Mühlborn

                                                                                                              

Der Kampf mit dem Handschuh

Vor seinem Löwengarten,
das Kampfspiel zu erwarten,
das auf Korinthus Landesenge
der Griechen Stämme froh vereint,
saß König Rudolfs heil`ge Macht
beim festlichen Krönungsmahle.
Doch eine Würde, eine Höhe
entfernte die Vertraulichkeit.
Und so saß er viele Tage,
saß viel Jahre lang
festgemauert in der Erden.
Und rings auf hohem Balkone
da lauschten im Mondenschein
der stachlige Roche,der Klippenfisch,
des Hammers gräuliche Ungestalt.
Und alle die Wähler, die sieben,
die Damen im schönen Kranz,
umstanden geschäftig den Herrscher der Welt.
Der König darob sich verwundert schier,
und wie er winkt mit dem Finger
und schaute mit vergnügten Sinnen
auf das beherrschte Samos hin,
auftut sich der weite Zwinger.
Und ein Edelknabe, sanft und keck
tritt aus der Knappen zagendem Chor
mit langem Gähnen
und schüttelt die Mähnen
und sieht sich stumm
ringsum.
Da hört man auf den höchsten Stufen
Auf einmal eine Stimme rufen:
Willst du nicht das Lämmlein hüten?
Doch dem ist kaum das Wort entfahren
da speit das doppelt geöffnete Haus
die Kraniche des Ibikus
und zwei Leoparden auf einmal aus!
Die stürzen mit mutiger Kampfbegier,
wie wenn Wasser mit Feuer sich mengt,
auf das Tigertier.
Und unten zerschellt das Gerippe.
Das packt sie mit grimmigen Tatzen,
und wie mit des fernen Donners Getose
entstürzen sie brüllend dem finsteren Schoße.
Und der Leu mit Gebrüll
atmete lang und atmete tief,
da wird’s still.
Und ein Arm und ein glänzender Nacken wird bloß.
Und herum im Kreis,
von Mordsucht heiß,
lagern die gräulichen Katzen.
Da fällt von des hohen Altans Rand-
die Götter wollen sein Verderben-
ein Handschuh von schöner Hand
zwischen den Tiger und den Leun
mitten hinein.
Jetzo auf den schroffen Zinken
hängt er auf dem höchsten Grad,
sonst wär` er ins Bodenlose gefallen.
Drob freut sich das entmenschte Paar.
Und zu Ritter Delorges spottenderweis`
wendet sich Fräulein Kunigund,
ein Mädchen, schön und wunderbar,
unter Larven die einzig fühlende Brust.
Sie war nicht im Tale geboren,
man wusste nicht, woher sie kam-
„ Herr Ritter ist euere Liebe so heiß
wie Feuer und Kohle, von der niemand nichts weiß,
ei, so hebt mir den Handschuh auf!“
Und der Ritter in schnellem Lauf
trat trostlos an des Ufers Rand,
damit er die Frist nicht verfehle.
Steigt hinab in den furchtbaren Zwinger
mit langsam abgemess`nem Schritte,
und in der Ungeheuer Mitte
zählt er die Häupter seiner Lieben.
Und drei mit gewaltigen Streichen
erlegt er, die andern entweichen.
Und mit Erstaunen und mit Grauen
sehens die Ritter und Edelfrauen.
Mütter jammern, Kinder irren,
und tausend Stimmen werden laut:
Das ist der Lindwurm, kommt und schaut!
Da zertrennt er gewaltig den dichten Chor,
und gelassen bringt er den Handschuh hervor:
Der ist besorgt und aufgehoben!
Da erschallt ihm das Lob aus jedem Munde:
„Hochherziger Jüngling, wo kommst du her?“
Doch der Segen kommt von oben
und das Unglück schreitet schnell.
Und mit zärtlichem Liebesblick,
gebleicht von der Fülle der Jahre,
empfängt ihn Fräulein Kunigund,
die züchtige Jungfrau,
die Mutter der Kinder.
Doch der Ritter, sich tief verneigend, spricht:
„ Den Dank, Dame, begehr`ich nicht.“
Greift fröhlich dann zum Wanderstabe
und danket dem rettenden Gotte.

Leer gebrannt ist die Stätte.
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Des alten Forstwarts Abschiedgang

Nein, ich kann den Bub nicht brauchen heut,
fragt so viel, und ich soll Antwort geben.
Einsam will ich und besinnlich gehen,
Abschied ist ein schweres Wort im Leben.

Wo am Hollenweg die Heide blüht
und am Hang die jungen Birken stehen,
will ich in den roten Glöckchen sitzen
und ins Wiesental hinunter sehen.

Will dem Häher lauschen, der das Wild
vor dem Jäger warnt mit jähem Ruf.
Will das Krabbelvolk besehn im Grase,
wie`s der Herrgott hundertfältig schuf.

Morgen wird` ich auf dem Sofa sitzen,
meinem neugemachten Kanapee.
„Kannst geruhsam durch die Scheiben gucken“,
sprach der Konrad, und es tat mir weh.

Und Karline sprach: „Die Kinder warten;
gestern beim Gebetlein fragte Rolf:
Kann der Opa Märchen auch erzählen?“
Märchen, brummt` ich, weiß nur das vom Wolf!

Und durch Scheiben sehen! Sind wie Gitter!
Schön ists nur in Gottes grüner Hut!
Mit dem Kanapee – da kann ich warten,
bis der Schnee auf Bruch und Heide ruht.

Aber denken werde ich im Winter
an die Heide und das Entenbruch.
Und ich werde durch die Scheiben sehen
nach der Wandergänse fernem Zug,

Nun will ich den stillsten meiner Pfade
wandern, wo der Rabenbaum sich reckt
und der graue Findelstein darunter
meinen lieben alten Ratzel deckt.

War mein treuster Freund! Bei einem Treiben
traf ihn die verirrte Ladung Schrot.
Wollt` ihm übers Grab Halali blasen –
bracht` es nicht heraus in meiner Not.

War mir schwer der Abschied, aber schwerer
ist mir heut, am Herbsttag warm und hell.
Will zum Scheidegruß noch einmal trinken
am vertrauten felsgefassten Quell.

Morgen dann, da werden sie mich holen,
und die Wagenspur verweht im Sand.
Hilf mir, Herr, daß zurecht mich finde
in dem pflichtenleeren Ruheland!
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Die Drei am Tage der Seelen

Der Mond scheint bleich und verhangen
auf Strom und Fähre im Grund.
Vom Walde her wimmert ein Käuzchen.
Verhalten bellt wo ein Hund.

Es wiegen des Rheines Wellen
die Fähre am Ufer gemach -
Da pocht es am Laden der Hütte:
" He, Fährmann, bist du noch wach?

Steh auf, lieber Fährmann, sollst fahren
uns über den Rhein!"
Da knurrt es von drinnen:" Wohl trunken
seid ihr vom Wein?"

Kommt wieder am Tage! Um zwölfe
ruhen mir Fähre und Hand."
" Ach Fährmann, fahr uns hinüber
in unser Badener Land!"

Ein Riegel klirrt, und der Laden
fährt auf, und ein Graukopf spricht:
" Was tut ihr zu schlafender Stunde?
Öffnet euch keiner nicht?"

" Es trieb uns Dreie, zu wandern,
die Nacht war so hell und so weit!"
" Die Nacht schuf der Herrgott zum ruhen!"
" Fährmann, wir haben nicht Zeit!

Zur Stunde noch sollst du uns fahren
und holen auch wieder zurück!"
" Mit euch, da hats einen Haken!
scheint mir ein dunkel Stück!

Was sucht ihr?" "Wir gehen in Gassen
und spähen in Scheiben hinein.
Wir fassen Klinken und lauschen
läßt keiner uns ein - ?"

" Was kommt ihr nächtens, wie Eulen?
Scheint klar im Kopfe mir nicht!
Oder jagt euch die Fahndung ins Dunkel,
ein Spruch vom Gericht?

So ist euch die Fahrt verweigert,
und wäre es um Gold.
Meine Hand und die Fähre sind sauber,
geht hin wo ihr wollt!"

" Gemach, lieber Alter! Wir standen
in Ehren allzeit!
Getreu dem geschworenen Eide.
Hein Klinger, bist du bereit?"

" Was kennt ich den schriftlichen Namen?
Hein wird ich von ehe genannt.
In den Akten stand Heinrich Klinger.
Die sind im Kriege verbrannt.

Doch ihr, wer seid ihr?" " Von Vielen
blieben wir Dreie zurück.
Wir ruhen und wandern gemeinsam,
trugen gleiches Geschick.

Nun eile! Das Sandkorn rieselt!"
Hein Klinger tritt aus der Tür.
"So kommt! Den Fährpfennig aber,
den zahlt ihr noch hier!"

Einen Taler? Muß wechseln im Kasten."
" Ist recht so, Fährmann, fahr zu!"
" Dank denn! Habt`s reichlich ihr Brüder",
brummt Hein und schnäuzt sich in Ruh.

Sie stehen auf der Fähre. Hein Klinger
dreht die Kurbel am eisernen Rad.
Starr blicken die Drei zum Ufer,
wie`s langsam sich naht.

Sie hören die dunkelen Wasser,
und einer spricht:
" Just wie im Nachen des Charon!"
Der Fährmann versteht es nicht.

" Hein Klinger, so harre am Ufer!
Keine Stunde, dann sind wir zurück.
"Habt ja gezahlt, und ich warte",
brummt jener, "gut Glück!"

Die Kette klirrt nieder am Pflocke,
die Fähre schiebt auf den Stein.
" Dank, Alter, es sei dir gesegnet
im letzten Schrein!"

Sie schwinden wie Schemen im Nebel.
Die Nacht ist ein graues Tuch.
" Die müsst man bei Tage besehen",
knurrt Hein und zerkaut einen Fluch.

Er schreitet zum Wellblech - Hüttlein
und stochert die Ofenglut.
Leis rauschen unten die Wellen.
Wie gut es - sich - ruht - -

Im Traume noch plagt es den Fährmann:
Wer waren die Drei - ?
Was trieb sie ins nächtliche Dunkel? -
Sie zahlten - ihm einerlei!

Der Fährmann am Morgen aus dumpfen
unruhigem Schlafe erwacht.
In der Joppe noch - war er so müde?
Er denkt des Traumes der Nacht.

Kam aus dem Magen wohl, sinnt er,
der Ziegenkäse war schuld!
Nie hat ihm so Dummes geträumet!
Hein holt den Schnaps aus dem Pult.

Da läuten die Sonntagsglocken
vom Dorfe drüben am Strand.
Dumpf tönt es wie Rufe der Seelen
im Schattenland.

Der Fährmann faltet die Hände
und murmelt den Sonntagsspruch.
Er lauscht in die graue Weite.
Da - Modergeruch - ?

Am Fenster findet er liegen
das Säcklein mit Silbergeld,
in der Prägung vergangener Tage - !
Sein Traum auf die Seele ihm fällt!

Hilf Himmel, so war es kein Albtraum
der Nebelnacht?
Das Täschlein mit Silbermünzen -
Lohn seiner Fracht!

Die er gefahren, wo kamen
sie her so spät?
Und die Rückfahrt - hat er geschlafen?
sie selber die Kurbel gedreht? -

Hein Klinger ziehts Käpplein vom Kopfe
und hält es in bebender hand:
Herr, schenke die Ruhe den Dreien
wo - irgend im Sand!
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Die gerissene Saite

Meine Leier hat ein Wetter troffen,
daß sie nimmer nimmer klingen will.
In die Saiten hat der Tod gegriffen,
daß die eine, die von Glück und Hoffen,
die von Wiederkehr und Freude sang,
daß die eine Saite jäh zersprang.
Aus den andern bebt und klagt es leise,
schluchzt ein Ton die immer gleiche Weise:
Tot- und tot- nie wieder- tot!
Meine Leier hat ein Wetter troffen,
daß sie nimmer klingen will.
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Drei Söhne

Es hatt`eine Mutter drei Söhne,
zwei holte der Tod ihr fort.
Den ersten traf weit in der Fremde
die Kugel um keck rasches Wort.

Da suchte allnacht ihre Seele
nach einem verlassenen Grab:
Ach hättst du dein Leben gewahret,
das ich in Schmerzen dir gab!

Der zweite fuhr über die Meere
und führte in Pflichten sein Schiff,
da war es geborsten am Eisberg,
gesunken am gläsernen Riff!

Nun sucht die weinende Seele
auch die Totenwiege im Meer.
Das Grab und die ewige Wiege,
die findet sie nimmermehr.

Der letzte, der ihr geblieben,
der nahm sich ein stolzes Weib,
reich an Golde, doch ohne Güte,
und ohne Frucht blieb ihr Leib.

Im Zerrspiegel ließ sie ihn schauen
ein Bildnis:Erkennst du sie nun,
die Mutter, die du so gepriesen?
Da ging er in trotzigem Tun.

Er sah nur die Kühle, die Schöne
im nachtschwarzen lockigen Haar.
Die Mutter- die schwieg, bat im Stillen
um Glück für das ungleiche Paar.

Drei Söhne verlor eine Mutter.
Die bittersten Tränen im Gram,
die weinte sie um den Letzten,
den das grausame Leben ihr nahm.
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Ein Rößlein hört`ich wohl traben …

Ein Lied aus vergangenen Zeiten,
das hat mich in Trauern gebracht.
Von Lieben sagt es und Scheiden.
Einen Reiter wohl hörte ich reiten
vorüber in träumender Nacht.

Zwei Menschen die Hände sich gaben,
die waren in Treue sich nah.
Ein Rösslein hörte ich traben.
Im Ellerbaum riefen die Raben:
Bleib da, o Reiter bleib da!

Zwei rote Röslein verdorrten
in südlicher Sonne Glut.
Ein Mädchen das weinte im Norden;
das war so traurig geworden,
es war ja dem Reiter so gut!
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Ein Sonntagnachmittag in der Mühle

Wenn in träumend stiller Stunde
meiner Kindheit lang verwehte
Tage mir vorüberziehen,
hör ich wie aus blauen Fernen
zauberhafte Sage klingen,
höre noch das rastlos frohe
Klappern flinker Mühlenräder,
die beim Walde dort sich drehen.
Seh` das Bächlein silberblitzend
in die Wiesengründe laufen,
Grüße bringend allen Blumen,
die verständnisinnig nicken.
Jubelnd über Moos und Steine
eilt es wanderselig weiter.
Sonntag ist es. Feiertäglich
ruht die Mühle. Müd vom Laufe
durch die lautgeschäft`ge Woche
träumen schweigend alle Räder.
Horch, da klingen bei der Einfahrt
frühlingsfrohe Kinderstimmen:
Unsre kleinen Sonntagsgäste!
Mit den Kindern aus der Mühle
um die Wette tummeln heute
sich die munteren Gespielen
aus dem nahen kleinen Dorfe.
Ledig allen läst`gen Zwanges
langer Schul- und Wochentage.
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Gruß an die Ätherwellen

Wellen, die ihr aus dem Äther kommt,
Sendeboten aus der weiten Welt,
Glanz und Duft in meine stille Stube
tragt ihr und die Schönheit fremder Ufer.
Japans Blumenfülle seh ich leuchten
und ich atme Rosenduft aus Schiras..
Wogen hör`ich wild, und leis die Palmen rauschen.
Pelzvermummt, auf langgefügten Schlitten,
folge ich der kühnen kleinen Schar,
wo der Arktis kühle Wunder blinken,
bläulich in der weißkristall`nen Wüste.
Königsaal ist meine kleine Stube.
Eine Fürstin, halte ich Empfang,
ruhevoll, nach Wunsch und Wahl und Wille.
Nur ein Wink- die kleine Handgebärde
ruft mir Jeglichen vor Blick und Ohr.
Aller Töne Meister bringen willig
ihre Gabe dar in holdem Klang.
Sänger mit dem Saitenspiele nahen und
und dem Wohllaut reingestimmter Zunge.
Schöne Sagen, Rat und reiches Wissen
aus der Wahrheit tiefem Borne bieten
Weise aus dem Morgen- und dem Abendland.
Jetzt Humor und Scherz, die lieben Knaben,
schütten Blumen aus und schlagen Salto,
spielen Fangeball mit Seifenblasen,
mir den Sinn, den ernsten, zu erheitern.
Musen, um die Stirne Ros` und Lorbeer,
treten vor, in edlem Spiel zu schenken
einen Hauch von Gottesgnadentum.
Wellen, die ihr aus dem Äther kommt,
Wundergabe einer wehen Zeit
Seid gegrüßt mir, Wellen, seid gegrüßt!
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Lied im Volkston

Es geht auf allen Straßen
ein kalter kalter Wind.
Des Wehres Wellen tosen,
der Müller hat verstoßen
sein einzig Kind.

Es irrt auf kalten Straßen
ein blondes Mägdelein.
Will sich als Magd verdingen,
dem Mühlknecht wird gelingen
die Magd zu freien.

Was willst du, stolze Jungfer,
im groben Kittel gehen?
Deine Hände werden bluten
wenn du in kalten Fluten
wirst Wäsche drehn.

Es wandert viele Straßen
ein Bursche weit ins Land.
Frägt nach der Magd, der feinen.
Such du bei Kreuz und Steinen
ein Grab im Sand.

Und wenn mein Lieb im Grabe
den tiefen Schlummer hält,
so mag mir Gott vergeben,
so will ich nimmer leben
auf dieser Welt.

Der Müller lauscht im Traume
was raunt die dunkle Nacht?
Des Bächleins Wellen weinen:
Wir bringen, bringen Einen,
gib acht, gib acht!
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`s Orjelkatche

Do war mol, ich wäß nimmi, wann,
das Katche vun – na, un sei Mann.
Der Hannes, der hot sei Orjel gespeelt
un`s Katche gesammelt un`s Geld gezehlt.

Sie han, wo de Lauterbach geht
un brav sei Miehlrärer dreht,
de Winter iwer bei Schnee un bei Räh
am Öbche gehockt. Kinner harre`se kää.

Han die Gugguckdblumme im Wald
geblieht, un`s war nimmi kalt,
dann sein se enaus in die Däler gezoh,
un iwerall find sich e Scheier met Stroh.

So zwä orrer dreimol hot nor
das Orjelche als im Johr
an de Infahrt bei unserer Miehl gestann,
begrießt wie e Schwälbche aus fremde Lann.

Dann sein mer Kinner gesprung,
hot jedes de Penning gebrung.
„ Drei Penning, Katche, jetz musch`de aach danze!“
„Fer drei Penning sing ich, und siwe koscht`s Ganze!“

„Aach Katche, mer han doch nor drei!“
„Dann bringen die an`re noch bei!
Umsunscht- das geht net! Es Lewe is deier!
E Mark schun koscht uns im Johr die Steier!“

Das Katche kunnt danze so schää!
Met`m Hannes un ach allää.
Wann`s met seim Hannes als danze deht,
do han mer Kinner die Orjel gedreht.

Das war dann beim Katche eso:
Der faltig Rock is gefloh!
Der Schutehut hot so frehlich geschneppert
un im Sack han die Bichsepenning gekleppert.

„Mei Hannes versteht sei Geschäft!
Er wäß aa, daß mer net bläfft“,
saht mol`s Katche am Brunne zu unserer Maad,
„wääscht, er war frieher Soldat!

Do horrer die gure Maniere her!
Mer sein willkumme vor jerer Deer!“
Do hot die Sanne e bißche gelacht
un hot sich de Hannes nochmol betracht.

Uff`m Brickelche newer de Fahrt
horr`er uff`s Katche gewaart.
„Wo bleibsch`de nor“, brummt er dann.“`s hot mer geraacht!
Mer han noch kää Nescht fer die Naacht!“

De Hannes hot selte geredd.
Beim Orjele braucht mer des net.
Nor emol, do harr`er sich nimmi gekennt
un hot sei Katche Kamel genennt.

Das Katche kunnt nix devor.
Es war em Hannes jo nor
beim Hupse e bißche uff`s Krehnau getret.
Em Katche war das jo selwer läd!
-------------------
Die Zeit un die Johre sein gang,
un Kinn harre mer selber schun lang.
Do sein ich mol sundags am Feschtplatz vorbei
de Wissepad anne met meine Drei.

Wer steht do uff`eme Stää,
grad wie e Denkmol, ellä:
Mei Orjelkatche, verrunzelt un schmal,
un guckt, wie se danze am Danzplatz im Dal!

Die Hänn iwerm Stock sein gefalt`.
`s horcht uff wann die Drehorjel schallt.
Sei gurer Hannes, der is schun lang
vum Katche un vum Orjelche gang.

Der schlooft hinner Mauer un Dor.
Das Katche dauert ähm nor,
wie`s gottverlosse un still do steht
un lauschtert, wie äner die Orjel dreht.

Do fellt mer das Wort in de Sinn:
Fer drei Penning sing ich , ehr Kinn.
Fer finf, do duhn ich eich danze,
un bringen`er siwe, dann mach ich das Ganze!
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Schloofliedche

( Westpfälzer Mundart)
Mei Berndche, mei Liewerche, schloof!
Im Wißje, do wääre die Schoof.
Do leije die Lämmcher, die weiße, im Gras
un schlofe un drääme vum Oschderhas.
Drääm aach, mei Schnuckche, un schloof!

Mei Bibche,schloof dabber jetz in!
Am Brinnche, do danzen die Kinn.
Do pischpert e Veelche am Neschtsche im Laab:
Ehr Nacktärschjer, schloofen, sunscht holt eich de Rab!
Aach Buwe han Beeses im Sinn!

Un Katze, die schleiche so leis!
Dem Müller sei Lissi, die weiß`,
hot immer die Sammetpantöffelcher aan
un duut, als hett se noch käm was gedaan.
so pischbert das Veelche ganz leis.

Ach, ämol do bisch`de schun groß,
hoscht lang nimmi Platz uff meim Schoß.
Ball gehschde dann fort, enaus in die Fremm,
e Anneri flickt der Hosse un Hemm.

Nor wann emol`s Uglick dich find,
dann bisch`de wirrer mei Kind.
Dann kumm nor un leh dei Läd in mei Hänn.
Ich helf dir trahe bis an mei Enn.

Jetz awer, mei Bibche, jetz schloof!
E Meisje laaft iwer de Hof.
Das schluppt in sei Neschtje im Loch an de Wand
un schlooft uhne Liedche un Schockelband.

Machs grad so, mei Schnuckche, un schloof.
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Was der alte Wilm erzählt

Lange ist es her. Ich war noch jung,
fing das goldne Leben mir im Schwung.
Vom Soldatenspiele kaum zurück
nahm ich Hut und Stock und sucht mein Glück
in der Fremde. Wandert kreuz und quer
war mir auch der Abschied manchmal schwer,
wenn der Meister von gerechter Art
und die Frau der Knödel nicht gespart.
Einmal schlief im Maienwald ich ein,
wurde wach und lag im Mondenschein.
Zog die Uhr, es war die zwölfte Stund,
und ich fror im Teppich wie ein Hund.
Brummend nahm ich meine Sachen auf,
und zum runden Mondgesicht hinauf
sah ich, das sich spiegelte im Born.
Blies der Mondmann in sein gelbes Horn - ?
Ein geheimes Echo rundum rief
allem, was da wachte oder schlief.
Staunend in dem blassen Geisterschein
merk ich, wie sich’s regt an Weg und Rain
und ein fremdes Treiben rings erwacht.
(Hab` mich hinter Fels in Deckung `bracht.)
Und ein Glöcklein hört ich wimmernd gehen.
Einen Zug von Frauen konnt ich sehen,
schritten schwarzgewandet, Paar um Paar,
trugen weiße Hauben überm Haar.
Sie verschwanden hinter rost`gem Tor.
Leiser Orgelton klang draus hervor,
und ein Priester las die Liturgie.
Wie im Zwange beugte ich das Knie.
Gott im Himmel ging mir durch den Sinn,
hilf mir doch, weiß nimmer, wo ich bin!
Stille wieder wars im grünen Raum,
nur ein Käuzchen schrie verstört im Baum.
Dort am Erlbusch bei der Quelle stand
nun ein Weib im grauen Bußgewand !
Schlug das Kreuz und sah mich traurig an,
machte zögernd einen Schritt heran.
Wars ein Spuk, das graue Wesen dort?
Bleib, rief ich entsetzt ihm zu, bleib fort!
Allsogleich verhielt es stumm den Fuß,
hob die Hand – wars Warnung oder Gruß?
Und ich frug: Bist du von Fleisch und Blut?
Bist du Schatten? Böse oder gut?
Bist du eine von den Frauen dort
hinterm Gitter ? – Mir erstarb das Wort:
Ich vernehme Jagd- und Hussa- Ruf
und dazwischen flinker Rosse Huf!
Hunde hör ich an der Leine zerr`n
jaulend bei dem Fußtritt ihres Herrn.
Lauter wird und näher kommt es nun.
Wird der Hauf mich finden, mir was tun?
Einen guten Steinwurf oder zwei
jagt es drüben hinterm Wall vorbei
und verschwindet in die weiße Nacht…
Fort ist auch der Spuk in grauer Tracht.
Nur ein Schleier liegt am Erlenbusch,
hat verloren wohl das Weib im Husch.
Feucht geworden sind mir Stirn und Haar,
weiß doch nur der Teufel, was es war!
Trat ich hier in einen Hexenring,
drin ich armer Wanderbursch mich fing?
Da – ich halte jäh den Odem an –
hat schon wieder sich ein Graus getan!
Auf dem breiten Baumstumpf im Gefäll
aufrecht steht ein Mäuschen, bräunlich hell.
Und das haselbraune Mäuschen singt,
fein und traurig wie ein Weinen klingt.
Näher schleiche ich und seh mirs an,
frage, was man ihm zuleid getan?
Ob es sich verirrt im Hexenwald
und gebannt nun ist in Tiergestalt?
Und es nickt und schaut verhehlt umher!
Denken muß ich einer Kindermär
von der Mausprinzess im Silberfell,
die sich fangen will der Mühlgesell.
Mäuschen, sag ich, bist ein feines Ding,
wäre schade, wenn der Kauz dich fing!
Und das Mäuschen, wie in Glück und Dank,
wiegt sich in den Hüften, zart und schlank.
Und es dehnt sich, wächst, kriegt langes Haar,
wird ein Mädchen, was doch Mäuschen war!
Staunend seh ich, wie`s im Mondenlicht
sich die haselbraunen Haare flicht
und aufs Köpfchen wie ein Krönlein steckt.
Wie`s die schlanken weißen Arme reckt!
Hat ein Angesicht so hold und schön,
wie ich meiner Lebtag nicht gesehn!
Könnt euch denken, Kinder, wie mir war!
Kalt ward mir und warm bis unters Haar.
Huhu, rief das Käuzchen, weich zurück!
Allsogleich verhielt es stumm den Fuß,
hob die Hand – wars Warnung oder Gruß?
Und ich frug: Bist du von Fleisch und Blut?
Bist du Schatten? Böse oder gut?
Bist du eine von den Frauen dort
hinterm Gitter ? – Mir erstarb das Wort:
Ich vernehme Jagd- und Hussa- Ruf
und dazwischen flinker Rosse Huf!
Hunde hör ich an der Leine zerr`n
jaulend bei dem Fußtritt ihres Herrn.
Lauter wird und näher kommt es nun.
Wird der Hauf mich finden, mir was tun?
Einen guten Steinwurf oder zwei
jagt es drüben hinterm Wall vorbei
und verschwindet in die weiße Nacht…
Fort ist auch der Spuk in grauer Tracht.
Nur ein Schleier liegt am Erlenbusch,
hat verloren wohl das Weib im Husch.
Feucht geworden sind mir Stirn und Haar,
weiß doch nur der Teufel, was es war!
Trat ich hier in einen Hexenring,
drin ich armer Wanderbursch mich fing?
Da – ich halte jäh den Odem an –
hat schon wieder sich ein Graus getan!
Auf dem breiten Baumstumpf im Gefäll
aufrecht steht ein Mäuschen, bräunlich hell.
Und das haselbraune Mäuschen singt,
fein und traurig wie ein Weinen klingt.
Näher schleiche ich und seh mirs an,
frage, was man ihm zuleid getan?
Ob es sich verirrt im Hexenwald
und gebannt nun ist in Tiergestalt?
Und es nickt und schaut verhehlt umher!
Denken muß ich einer Kindermär
von der Mausprinzess im Silberfell,
die sich fangen will der Mühlgesell.
Mäuschen, sag ich, bist ein feines Ding,
wäre schade, wenn der Kauz dich fing!
Und das Mäuschen, wie in Glück und Dank,
wiegt sich in den Hüften, zart und schlank.
Und es dehnt sich, wächst, kriegt langes Haar,
wird ein Mädchen, was doch Mäuschen war!
Staunend seh ich, wie`s im Mondenlicht
sich die haselbraunen Haare flicht
und aufs Köpfchen wie ein Krönlein steckt.
Wie`s die schlanken weißen Arme reckt!
Hat ein Angesicht so hold und schön,
wie ich meiner Lebtag nicht gesehn!
Könnt euch denken, Kinder, wie mir war!
Kalt ward mir und warm bis unters Haar.
Huhu, rief das Käuzchen, weich zurück!
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